Die Schweiz ist das Seilbahnland par excellence. Dank der neuen Eisenbahnverbindungen erreichten Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr Touristen die Alpen. Die Erschliessung der Berggipfel, ohne Anstrengung für den Besucher, wurde zuerst mit Zahnradbahnen angestrebt. Die Steigung, welche diese überwinden können, ist aus technischen Gründen jedoch begrenzt – was die Entwicklung der modernen Seilbahnen beschleunigte: Die erste touristische Seilbahn der Welt, die Standseilbahn Giessbach zum gleichnamigen Hotel am Brienzersee, wurde 1879 eröffnet. Eine der ersten Luftseilbahnen für den Personentransport überhaupt war der sogenannte Wetterhornaufzug in Grindelwald von 1908. 1934 wurde in Davos der erste Bügelskilift der Welt eröffnet, und 1945 in Flims die weltweit erste kuppelbare Sesselbahn: Mit dem nun möglich gewordenen Abkuppeln des Sessels vom Förderseil in den Stationen war das bequeme Ein- und Aussteigen möglich geworden. Diese und viele weitere herausragende Neuerungen und Weiterentwicklungen in der Seilbahntechnik, die bis heute anhalten, sind für die Schweizer Tourismusgeschichte von fundamentaler Bedeutung. Die grossen Leistungen des Ingenieurwesens, der Baukunst sowie das unternehmerische Engagement und das Streben nach Innovation sind geradezu klischeehaft typische schweizerische Qualitäten, die sich im Seilbahnbau auf faszinierende Weise konkretisieren. Die Anerkennung der Seilbahnen als für die Schweiz wichtige technische und bauliche Zeugen scheint deshalb evident. Trotzdem wurden die Seilbahnen als Denkmäler lange Zeit vernachlässigt, und noch heute stellen sich Fragen zum Umgang mit historisch bedeutenden Bahnen im Zusammenhang mit baulichen Eingriffen und den gesetzlichen Bewilligungs- und Konzessionsverfahren. Das vorliegende Inventar der Schweizer Seilbahnen kategorisiert erstmals für ein ganzes Land den Seilbahnbestand nach technikgeschichtlichen, kultur- und wirtschaftshistorischen Kriterien und bezeichnet die Anlagen von nationaler und regionaler Bedeutung sowie besondere jüngere Bahnen. Das Bundesamt für Kultur verfügt damit als Fachstelle des Bundes für Denkmalpflege über eine Grundlage für die Beurteilung der Bahnen im Rahmen von Plangenehmigungs- und Konzessionierungsverfahren nach Bundesrecht. Das Inventar ist öffentlich auf dem Internet zugänglich und soll Bund und Kantonen, allen involvierten Behörden und Organisationen, dem Tourismus, interessierten Privaten und vor allem auch den Betreibern der Bahnen als Grundlage dienen. Dafür ist es höchste Zeit: Etliche der Bahnen, die gleichsam Meilensteine der Technikgeschichte waren, wurden bereits abgebrochen oder sind bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Ich bin überzeugt, dass mit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Betreibern und einer umsichtigen Planung technische Lösungen gefunden werden können, die den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb historischer Bahnen erlauben. Das Inventar, das unter der Leitung des Bundesamtes für Kultur gemeinsam mit dem Bundesamt für Verkehr, dem Verband Seilbahnen Schweiz, dem Interkantonalen Konkordat für Seilbahnen und Skilifte, der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege sowie der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte erstellt wurde, möchte ich auch als Ausdruck eines gemeinsamen Willens für den sorgfältigen Umgang mit unseren historischen Seilbahnen verstehen.

Bundesamt für Kultur