Kurz nach Innertkirchen, etwas oberhalb der Grimselpass-Strasse beginnt die Bahn zum gut 600 m höher liegenden Wasserschloss am sogenannten Chapf. Die elektrisch betriebene Windenbahn mit einem Wagen ist im Rahmen der Bauarbeiten des Grimselwerkes der Kraftwerke Oberhasli (KWO) entstanden. In einer zweiten Etappe erfolgte zwischen 1940 und 1943 der Bau des Kraftwerks Innertkirchen 1 mit einem 10 km langen Stollen von der Handegg nach dem Wasserschloss Chapf und einer Druckleitung zur Zentrale in Innertkirchen.
Für die Bauarbeiten am Wasserschloss Chapf – in unwegsamem, felsigem Gelände – baute die Firma Von Roll 1939/40 eine Windenbahn. Diese Werkbahn blieb nach dem Abschluss der Bauarbeiten stehen und stellt seither den Zugang zum Wasserschloss sicher.
Die direkte gerade Linie mit konkaver Ausrundung des Längsprofils folgt der Falllinie des bewaldeten Hangs. Das Gleis verläuft mehrheitlich vom Boden abgehoben auf einer Fachwerkkonstruktion. (Teile der Aufständerung mussten 2003 nach einem Lawinenniedergang erneuert werden). Die offene Talstation verfügt über eine Rampe und eine Hebevorrichtung zum besseren be- und entladen des Fahrzeugs. Die Bergstation mit Einstell- und Antriebsraum ist ein Betonbau unter schwach geneigtem Satteldach, bergwärts schliesst ein chaletartiges Wärterhäuschen an.
Das von einer Winde in der Bergstation bewegte Fahrzeug mit Ladefläche und Sitzbänken wurde laufend verbessert und erneuert. Das zweiachsige, aus der Bauzeit stammende Fahrgestell der Firma Von Roll besitzt keine Fangbremse. Der in Holz und Metall gefertigte Wagenaufbau erhielt um 1992 eine halboffene Überdachung der Sitzbänke, die von der KWO selbst hergestellt wurde.
Der Motor, das Getriebe und die Bremsen wurden 2005 im Rahmen einer Generalüberholung der Bahn durch die Firma Garaventa ausgewechselt. Gleichzeitig wurden die Steuerung, die Fernüberwachungsanlage und das Kopierwerk ersetzt. Die Revision erfolgte im Zusammenhang mit dem Bau eines zusätzlichen Stollens zum Wasserschloss Chapf im Rahmen des Investitionsprogramms KWO Plus.
Die Werkbahn wird nach wie vor regelmässig für Kontroll- und Wartungsarbeiten am Wasserschloss genutzt.
Die Windenbahn zwischen Urweid und dem Wasserschloss Chapf gehört zu den zahlreichen und vielfältigen Seilbahnen im Besitz der Kraftwerke Oberhasli (KWO). Die technikgeschichtlich interessante Werkbahn der Firma Von Roll bildet einen Bestandteil der ausgedehnten Kraftwerksanlage Grimsel. Die mehrheitlich auf Fachwerkständern verlaufende Linie, das Fahrgestell und die Bergstation sind weitgehend ursprünglich erhalten. Die diskret in die Landschaft eingefügte, gut unterhaltene Anlage wird noch heute zum Transport von Personal und Material zwecks Kontrolle und Instandhaltung des bestehenden Wasserschlosses Chapf eingesetzt.
| | |
Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | Zugang zum Wasserschloss Chapf, im Rahmen der Ausführung vom Kraftwerk Innertkirchen I (zweite Ausbauetappe KWO, 1940-1943) |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | direkte u. gerade, konkave Linie, entlang der Falllinie des bewaldeten Hangs; mehrheitlich aufgeständert |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | elektrisch betriebene Windenbahn; Fahrzeug mit Ladefläche u. jüngerem Kabinenaufsatz; Antrieb in Bergstation |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | reine Werkbahn; guter Anteil an ursprünglicher Substanz (insbesondere Linienführung, Brückenkonstruktion, Fahrgestell); eindrücklicher Kraftwerks- u. Landschaftskontext; eine der zahlreichen u. vielfältigen, gut unterhaltenen Aufzugsanlagen der KWO |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | | Fachwerk-Brückenkonstruktion |
Architektur | | Bergstation kombiniert mit Wärterbude: Typ Chalet auf hohem Sockel |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Beton, Holzbauweise, Steildach |
bautypologische Bedeutung | | Hochbau als wesentliche, aus der Anfangszeit stammende Anlagekomponente |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | Linienführung, Oberbau, Fahrgestell |
Qualität der Nachrüstungen | | Generalüberholung 2005 durchgeführt von Garaventa: neue Antriebsgruppe u. Bremswerk, Steuerung u. Fernüberwachung |
funktionale Unversehrtheit | | für den Dienst der KWO nach wie vor in Betrieb |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | | BKW (die ursprünglichen Vereingten Kander- u. Hagneck-Werke), KWO (1925 gegründet) |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | im Umfeld eines historischen Passübergangs; KWO als wichtiger Akteur der schweizerischen Stromproduzenten; seit jüngstem Ausnützung des touristischen Potentials (Label: "Grimselwelt"); technikgeschichtlich höchst interessanter Gesamtkomplex, in dem die vielfältigen Aufzugsanlagen gepflegt u. kultiviert (vermarktet) werden |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | schmale Waldschneise; Streckenbauwerk: Aufständerung in Fachwerkbauweise; da sehr minimale Anlage (keine zustätzlichen Infrastrukturen) sehr diskret |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | Werk- u. Umschlagplatz |
Verkehrsnetze | | bis Innertkirchen Meiringen-Innertkirchenbahn MIB; an der Grimselpass-Strasse (Postauto, Individualverkehr); Forststrasse |