Ort, Kanton | Bignasco, TI | Koord. Talstation | 682.538/144.107 ; 1905 m.ü.M | Koord. Zwischenst. | 682.510/144.830 ; 2196 m.ü.M | Koord. Bergstation | 682.490/145.790 ; 2210 m.ü.M |
| Einstufung | National | Besuch | 22.07.2009 tb | Inventar | 21.11.2010 zk |
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| Baujahr | 1965 | Erstinbetriebsetzung | 1965 | Umbauten | 1972 | Wesentliche Erneuerungen gemacht | 2010 |
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Situation
Beschreibung der Anlage
1949 wurde die Maggia Kraftwerke AG, die Officine idroelettriche della Maggia SA OFIMA zwecks Nutzung der Wasserkräfte im Einzugsgebiet der Maggia und zur Erzeugung elektrischer Energie gegründet. In den Jahren 1950 bis 1955 wurde die erste Ausbaustufe Maggia 1 mit dem Stausee Lago del Sambuco und den Kraftwerken KW Peccia, Cavergno und Verbano erstellt. In den 1960er-Jahren folgte Maggia 2 mit den Speicherbecken Lago di Cavagnöö, Lago del Narèt, Lago di Robiei und Lago del Zött sowie des KWs Bavona. Die grösstenteils unterirdischen Anlagen erstrecken sich über mehr als 60 km. Die Bruttofallhöhe von ca. 2'220 m zwischen dem Speicherbecken Gries auf 2'386 m ü. M. und dem Lago Maggiore auf 193 m ü. M. ist das höchste Gefälle, das in der Schweiz über eine Kette von Speicherkraftwerken grosser Leistung genutzt wird. In den KW Altstafel, Robiei und Bavona werden die Gewässer des obersten Bereichs, einer Gebirgslandschaft von rund 70 km2, wo sich unter anderem auch die Wasserfassungen des Aegenetals, des Val Bedretto und des oberen Teils des Val Bavona befinden, verarbeitet.
In Ergänzung zu dem um den Standort Robiei angelegten Werkstrassennetz der Maggia Kraftwerke AG/OFIMA SA führt eine 1965 im Rahmen der zweiten Ausbauetappe für den Antransport von Material erstellte einspurige Pendelbahn von Habegger als Fortsetzung der von Robiei herkommenden Schwerlast- und Personenbahn (71.124) nach Cortino/Cavagnoli. Die von Robiei aus in nördlicher Richtung, in hochalpinem, felsigem Gelände verlaufende, 1'780 m lange Strecke ist mit sieben asymmetrischen Stahl-Fachwerkstützen bestückt. Die Linie steigt zum höchsten Punkt auf dem Bergkamm Arzo hinauf und sinkt dann hinunter zu der engen Hochebene bei Cortino, zwischen dem Lago di Cavagnöö und dem Lago Bianco auf 2'210 m ü. M. Die dritte Stütze ist als Zwischenstation ausgebildet.
Das Fahrzeug, das sich auf zwei Tragseilen bewegt, datiert integral von 1964/65 und verfügt über eine Nutzlast von 8'000 kg: Es stammt von der unteren Bahnsektion San Carlo-Robiei (71.124) und wurde 1972 zur Cortino-Bahn versetzt. Das Fahrzeug setzt sich aus einem mächtigen, 16-rolligen und fangbremsenlosen Laufwerk, einem kurzen Fachwerk-Gehänge sowie einer mit Führerkabine und Kran ausgerüsteten Arbeitsplattform zusammen, an die entweder Lasten oder eine quadratische Personenkabine gehängt werden können. Die Antriebsgruppe ist in der Talstation angeordnet. Sowohl die Tragseile als auch das Zugseil sind mittels Gewicht abgespannt: Die in der Talstation untergebrachte Tragseil-Spannvorrichtung ist mit einer Rollenkette versehen; die Abspannung des Zugseils erfolgt in der Bergstation.
Das Talstationsgebäude auf Robiei ist ein mit dem Stationsbau der unteren Bahnsektion kombiniertes Bauwerk (71.124); das Bergstationsgebäude steht isoliert und ist in die karge Hochgebirgslandschaft eingebettet. Die Stationsbauten sind klar geschnittene, ausdrucksstarke Betonbauwerke unter Pultdach, deren Proportionen und Gliederung der Seitenwände noch der Formensprache der 1950er-Jahre verpflichtet sind. Zu den sichtbaren Anlageteilen auf Robiei gehört zudem der bemerkenswerte, eigenwillig gestaltete, ursprünglich als Unterkunft für die Arbeiter und Techniker konzipierte und heute auch als Hotel genutzte, sechs- respektive siebengeschossige Beton-Hochbau über sechseckigem Grundriss.
Gesamtwürdigung
Die kombinierte Habegger'sche Material- und Personenseilbahn Robiei-Cortino/Cavagnoli der Maggia Kraftwerke AG/OFIMA SA ist unmittelbar mit der unteren Sektion, der gigantischen Schwerlastbahn San Carlo-Robiei (71.124) verbunden und stellt mit dieser zusammen ein Werk der Superlative dar. Die Seilbahnanlagen von Robiei zählen zu den berühmtesten Kraftwerksbahnen des Thuner Seilbahnherstellers Habegger, der insbesondere Mitte der 1960er-Jahre durch imponierende Anlagen wie die Robiei-Bahnen oder die Pendelbahn auf den Crap Sogn Gion (71.109) auf dem Gebiet der Hochleistungsbahnen Weltruhm erlangte. Bis auf die Steuerung und Fernüberwachungseinrichtung von 1988 und dem 1972 von der unteren Sektion übernommenen Fahrzeug (1964/65) ist die Werkbahn integral überliefert! Die Pendelbahn Robiei-Cortino/Cavagnoli, deren Linienführung im schwierigen, hochalpinen Gelände nach wie vor eine bemerkenswerte Ingenieursleistung darstellt, beeindruckt zudem wegen ihres aus seilbahntechnischer Sicht hohen Betriebsalters von über 45 Jahren. Die ausschliesslich für den Werkbetrieb genutzte Bahn ist innerhalb des ausgedehnten Komplexes der Maggia Kraftwerke/OFIMA von betrieblicher Relevanz.
Bewertung
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) |  | Kraftwerksbahn; Erschliessungsbahn Wasserfassung Cavagnoli |
Linienführung: Planung, Umsetzung |  | betriebsbestimmt; zu höchstem Punkt auf dem Bergkamm Arzo, dann hinunter nach Cortino (kleines Zwischenplateau zwischen Lago dei Cavagnöö u. Lago Bianco); Linie mit zahlreichen Stützen |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien |  | einspurige Pendelbahn mit zwei Tragseilen; Antriebsgruppe u. Tragseilabspannung in Talstation; Zugseilabspannung mittels Gewicht in Bergstation; kurzes, leichtes Fachwerkgehänge; separate Führerkabine u. Krananlage im respektive am Gehänge; kräftige u. konische Fachwerkstützen, zum Teil mit Ausstiegsvorrichtungen |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller |  | nahezu integral überlieferte, repräsentative Anlage der Seilbahnfirma Habegger; im Zusammenhang mit dieser Kraftwerksbahn u. in Bezug auf den Kraftwerkskontext ist die imposante, zeitgleiche u. ebenso aus dem Hause Habegger stammende untere Sektion 71.124 zu sehen |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau |  | markante Stahlfachwerkstützen mit Ausstiegsvorrichtungen |
Architektur |  | zeittypische, sachliche u. ausdrucksstarke Betonarchitektur; Baukörperform im Wesentlichen von der Funktion her bestimmt (Bautypologie); Stationsbauten u. Stützen, Hotel u. Staumauer sind die einzigen sichtbaren (oberirdischen) Bauwerke der immensen Kraftwerksanlage; Talstation dieser Sektion bildet eine Einheit mit der Bergstation der unteren Sektion (71.124); Bergstation in Fels eingebaut |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien |  | Betonbauweise; Talstation mit Steildach u. Fassadengliederung; hermetische Bergstation mit sehr schwach geneigtem Dach |
bautypologische Bedeutung |  | Hochbauten als wesentliche, aus der Anfangszeit stammende Anlagekomponenten |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten |  | Grundprinzip erhalten u. ein Grossteil der konstitutionellen Komponenten bewahrt; Ersatz der Kabine respektive Wiederverwendung der Kabine von 1964 der unteren Sektion (71.124) |
Qualität der Nachrüstungen |  | Nachrüstung Steuerung u. Fernüberwachung (1988) |
funktionale Unversehrtheit |  | als Kraftwerksbahn in Betrieb |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen |  | Konsortium Maggia Kraftwerke AG (beteiligte Institutionen: Kanton TI, NOK, Baden, BKW, Stadt ZH, EW Basel, ...); Projekt von nationaler Bedeutung |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär |  | wesentliche Komponente der Maggia Kraftwerke AG / der Officine Idroelettriche della Maggia OFIMA SA (zweite Etappe); aufregendes Wandergebiet (Basadino-Gipfel; Cristallino-Pass); Schutzgebiet Val Bavona |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts |  | Teil des ausgedehnten u. grossräumigen Kraftwerkskomplexes der Maggia Kraftwerke AG (OFIMA); aus heutiger Sicht interessante u. spannungsvolle Kulturlandschaft; Schutzgebiet Val Bavona: Siedlungen u. Landschaft |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur |  | Albergo Robiei: ehemalige Unterkunft der Techniker u. Bauarbeiter des Kraftwerks, heute vorwiegend touristische Nutzung |
Verkehrsnetze |  | Zufahrt mit der Pendelbahn der unteren Sektion (71.124); Strassensystem zu den verschiedenen Stau- u. Kraftwerksanlagen von der Zentrale Robiei ausgehend |
Anhang 1: Technische Daten
Anhang 2: Apparat
Bundesinventare |
- | BLN | Objekt-Nr.: 1808 Val Bavona |
Archive |
- | IKSS Meiringen |
Quellen |
- | Maggia Kraftwerke AG (Hg.): 25 Jahre MKW, 1975 |
- | Technische Daten im Detail, OFIMA, 2009 |
Literatur |
- | Kaech, A.: Die Wasserkräfte des Maggiatales. Beschreibung des Konzessionsprojektes vom Januar 1949, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, Vol.67 (1949) |
- | MKW - Weiterausbau der Maggia Kraftwerke, Locarno: Stampa Offset Tipo Bassi, 1967 |
- | Graeser, Jean-Emile: Die elektromechanische Ausrüstung der Kavernenzentrale Robiei, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, Vol.88 (1970) |
- | Friedrich, R.: Nachdenken in und über Robiei. Kraftwerk zwischen "Wildnis" und Schutzzone, in: NZZ, 24.07.2003, p. 15 |
- | Produktionsverfahren und Struktur der Anlagen, Version vom 11.11.2010, URL: http://www.ofima.ch/de/index.php?option=com_content&task=view&id=20&Itemid=26 |
- | Das dichte Kraftwerknetz, Version vom 11.11.2010, URL: http://www.ofima.ch/de/index.php?option=com_content&task=view&id=11&Itemid=12 |
- | Maggia Kraftwerke AG, Version vom 11.11.2010, URL: http://www.ofima.ch/de/index.php?option=com_content&task=view&id=7&Itemid=5 |
e-docs |
- | http://www.alpinforum.com/forum/viewtopic.php?f=51&t=12213&view=next |
- | http://www.stahlseil.ch/gallery/main.php?g2_itemId=113026 |
- | http://www.ofima.ch/ |
Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten
Anhang 4: Relationen
Hersteller | Habegger | | Habegger Maschinenfabrik (Seilbahntechnik) | | |
Vordere Sektion | 71.124 | P-120 | San Carlo - Robiei, San Carlo | | |
Anhang 5: Bildauswahl