Die ab 1950 in Grindelwald einsetzende touristische Entwicklung führte zu einer starken Erhöhung der Logiernächtezahlen. Daneben hatte mit der Verbesserung der Zufahrtsstrassen und den Zugverbindungen der Tagesausflugverkehr stark zugenommen. Die Transportkapazität der bestehenden Bahnen konnte mit der Nachfrage, insbesondere im Winter, nicht mehr standhalten.
Ein Initiativkomitee bestehend aus Vertretern der Bergschaft Itramen und der Bahnen der Jungfrau-Region reichte 1973 ein Gesuch um Erteilung einer Konzession für den Bau und Betrieb einer Gondelbahn von Grindelwald Grund nach dem Männlichen ein. Mit der neuen Zubringerbahn sollte die lückenlose Erschliessung des Skigebietes Kleine Scheidegg-Männlichen und eine Entlastung der Wengernalpbahn (WAB) erreicht werden.
Die Projektierung der in zwei Sektionen unterteilten Einseilumlaufkabinenbahn übernahm das Ingenieurbüro A. Schönholzer AG, Thun. Die 1977/78 erbaute vollautomatische Hochleistungs-Gondelbahn mit Vierer-Gondeln ist ein Werk der Firma Habegger aus Thun.
Die mit einer Gesamtstreckenlänge von 6'240 m längste Einseilumlaufkabinenbahn Europas überwindet eine Höhendifferenz von 1'284 m. Das Förderseil wird in der unteren Sektion von 27 und in der oberen Sektion von 25 Stahl-Fachwerkstützen getragen. Die von der Firma De Giorgi hergestellten Kabinen besitzen noch die originalen auf der Giovanola-Technik basierenden Habegger-Gehänge und -Klemmvorrichtungen. Das Öffnen, Schliessen und Verriegeln der Kabinentüren erfolgt automatisch. In den Stationen werden die Kabinen mit Kettenförderern bewegt und die Verzögerung respektive Beschleunigung erfolgt über Zahnriemen.
Von der Talstation am rechten Ufer der Schwarzen Lütschine, rund 500 m von der Wengernalpbahn-Station Grindelwald Grund entfernt, führt die untere Sektion über die Zwischenstation Egg zur Mittelstation Holenstein. Leicht abgewinkelt zur unteren Sektion führt die obere Sektion von Holenstein zur Bergstation Männlichen. Die Ein- und Aussteigestation Egg in der unteren Sektion dient als Hotelzubringer.
Die von Dick Versteeg (Balzari + Schudel Ingenieur AG) entworfenen Stationen sind grossvolumige, formal und materiell an die lokale Hauslandschaft angepasste Bauwerke. Die in einer Mischkonstruktion aus Beton, Holz und Stahl erstellten Baukörper sind entsprechend ihrer vielfältigen Funktion unterteilt. Sie sind mehrfach umgebaut worden. Sowohl die Tal- wie die Bergstation enthalten je einen Schacht für die Gewichte des Förderseil-Spannsystems.
Die eindrücklichen, grosszügig dimensionierten Antriebsgruppen für die beiden Sektionen befinden sich in der Mittelstation. Der 1997 erfolgte Umbau brachte eine neue Fernüberwachungsanlage und die Anpassung der Steuerung.
Die in zwei Sektionen (Grindelwald Grund – Holenstein; Holenstein – Männlichen) unterteilte Gondelbahn von Grindelwald auf den Männlichen ist mit einer Gesamtlänge von 6240 m die längste Einseilumlaufkabinenbahn Europas. Die 1978 eröffnete, dem Sommer- und Wintertourismus dienende Bahn wurde von der Firma Habegger, Thun als auf der Giovanola-Technik basierende vollautomatische Einseilumlaufbahn erbaut. Bei den in der Mittelstation automatisch von einem Seil auf das andere transportierten Vierer-Gondeln öffnen und schliessen sich die Türen automatisch. Bis auf die erneuerte Fernüberwachungsanlage ist die imposante und hervorragend gepflegte Bahn integral erhalten.
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | neue, direkte Männlichen-Erschliessung von Grindelwaldner Seite (ab Grindelwald Grund); für Winter- u. Sommertourismus; Entlastung WAB-Zubringer Kleine Scheidegg; Rundreisemöglichkeit; Erschliessung eines schneesicheren u. windgeschützten Skigebiets |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | Zweisektionen-Anlage mit leicht abgewinkelter Anordnung; zu Beginn der Strecke relativ flacher Abschnitt; überwindet eine beeindruckende Distanz; Mittelstation Holenstein u. Zwischenstation Egg in der unteren Sektion (Hotelzubringer) |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Beschleunigung u. Verzögerung über Zahnriemen; Giovanola-Technik (Klemmapparat: Gewichtsdoppelklemme mit Kraftverhältnis 1:7); Antrieb in Mittelstation; grosszügig dimensioniert u. konfektioniert (zwei Motoren u. Getriebe pro Sektion in Mittelstation eingerichtet); elegante Fachwerkstützen |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | beide Sektionen (72.094) bilden die längste Seilbahn Europas; integral überlieferte auf der Giovanola-Technik basierende Habegger-Umlaufbahn mit vollautomatischen kuppelbaren Vierer-Kabinen (relativ junge Vollautomation: Kabinentüren, abbremsen in Station); repräsentative, bemerkenswerte Hochleistungs-Einseilumlaufbahn aus dem Hause Habegger |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | - | - |
Architektur | | grossvolumige, formal u. materiell an die lokale Hauslandschaft angepasste Bauwerke: zeitlose u. unspektakuläre Bergarchitektur |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Mischkonstruktion: Massivbauweise (Beton: Keller-, Erdgeschoss), Betonskelettbau mit Holzfüllungen (Oberteil), Stahlkonstruktion (Steildach) |
bautypologische Bedeutung | | Hochbauten als wesentliche, aus der Erstellungsszeit stammende u. minimal veränderte Anlagekomponenten; Unterteilung der Baukörper nach Funktionen (seilbahntechnische Ausrüstung mit Garagierung, Personen- u. Warenverkehrsablauf, Personal, Werkstatt, öffentliche Toiletten) |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | sehr gepflegte, integral erhaltene Habegger-Anlage |
Qualität der Nachrüstungen | | Nachrüstung: Fernüberwachung |
funktionale Unversehrtheit | | ganzjährig in Betrieb |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | - | - |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | für das Fremdenverkehrsgebiet Grindelwald-Kleine Scheidegg-Männlichen von zentraler Bedeutung; wichtige Zubringeranlage zu weitläufigem u. infrastrukturell gut ausgebautem Gebiet |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | zweckmässig in infrastrukturell beanspruchte Landschaft integriert |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | Pistenfahrzeuge, SOS-Dienst; Berggasthaus; Aufzugsanlagen |
Verkehrsnetze | | Zufahrtsstrasse von Interlaken her; grosse Parkierungsanlage; ÖV bis Station Grindelwald Grund BOB |
Strecke | | |
Betriebszweck | | Touristisch |
Streckenlänge (schief) | | 3073 m |
Höhendifferenz | | 601 m |
Längstes Seilfeld (schief) | | 202 m |
Grösster Bodenabstand | | 35 m |
Neigung Maximal; Mittelwert | | 544 o/oo; 200 o/oo |
Spurweite (auf Stützen); Bergseilseite | | 4500 mm; links |
Anzahl Stützen | | 25 |
Stützenbautechnik; Stützenform | | Stahl Fachwerk; T-Stütze |
Stützen Hersteller | | 1978; Habegger |
Stützen-Rollenbatterie Hersteller | | 1978; Habegger |
Hochbauten | | |
Talstation Name; Konstruktion | | 1978; Holenstein; Holzbau, Massiv (Beton/Mauerwerk), Stahlkonstruktion |
Architekt | | Dick Versteeg, Balzari Schudel AG |
Bergstation Name; Konstruktion | | 1978; Männlichen; Holzbau, Massiv (Beton/Mauerwerk), Stahlkonstruktion |
Architekt | | Dick Versteeg, Balzari Schudel AG |
Seile | | |
Förderseil Anzahl; Durchmesser | | 1; 39 mm |
Antrieb | | |
Antrieb Ort | | in Talstation |
Motor Hersteller | | 1978; BBC |
Antriebstyp; Motorleistung | | Gleichstrom Ward Leonard WL; 2x260 kW |
Getriebe Hersteller | | 1978; Flender |
Bremsen | | |
Betriebsbremse | | 1978; Scheibenbremsen |
Sicherheitsbremse | | 1978; Scheibenbremsen |
Mechanische Einrichtungen | | |
Förderseil Spannsystem | | Gewicht Bergstation |
Stationsumlaufförderer | | Kettenförderer |
Beschleuniger/Verzögerer | | Zahnriemen |
Elektrotechnische Einrichtungen | | |
Steuerung Hersteller | | 1978; BBC |
Fernüberwachungsanlage Hersteller | | 1997; Sisag |
Fahrbetriebsmittel | | |
Anzahl | | 120 |
Plätze / Fahrzeug | | 4 |
Nutzlast; Fahrbetriebsmittel Leergewicht | | 320 kg; 330 kg |
Kabinen Hersteller | | 1978; De Giorgi |
Kabinen Länge; Breite; Höhe | | 1720 mm; 1300 mm; 2050 mm |
Automatische Türen | | ja |
Gehänge Hersteller | | 1978; Habegger (System Giovanola) |
Klemmvorrichtung Hersteller; Typ | | 1978; Habegger (System Giovanola); Gewichtsklemme |
Förderleistung | | |
Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit | | 4 m/s; 14 Min. |
Personenleistung; Jahresbeförderung Total | | 900 Personen/h; 564000 Pers./Jahr |
Jahresbeförderung Güter | | 290 Tonnen/Jahr |
Notwendiges Betriebspersonal | | 7 Pers. |