Ort, Kanton | Braunwald, GL | Koord. Talstation | 718.314/201.011 ; 1558 m.ü.M | Koord. Bergstation | 718.224/202.115 ; 1895 m.ü.M |
| Einstufung | National | Besuch | 13.04.2009 tb | Inventar | 24.11.2010 zk |
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74.120 | US-2f | Bächital - Seblengrat, Braunwald | | |
| Baujahr | 1969 | Erstinbetriebsetzung | 1969 | Umbauten | |
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Situation
Beschreibung der Anlage
Auf einer Terrasse westlich über dem Linthal liegt die seit dem 1.1.2011 zur politischen Gemeinde Glarus Süd gehörende Dorfschaft Braunwald, die sich erst 1939 von der Muttergemeinde Rüti im Linthal gelöst und sich zu einer eigenständigen Bürgergemeinde formiert hatte. Seit dem mittleren 19. Jahrhundert begann sich Braunwald, unter anderem mit dem Angebot von Molkekuren (ab 1844) und Sanatorien (1897), als Fremdenverkehrsort zu etablieren. Um diesen Erwerbszweig erfolgreich betreiben zu können, mussten die Braunwalder ihre Zubringerwege optimieren: Bereits ab 1902 erleichterte eine mit Wasserballast betriebene Luftseilbahn den Warentransport, von 1907 an fuhr von Bad Stachelberg aus eine Standseilbahn zum Looch in Braunwald (Braunwaldbahn BrB, Ursprungsbahn erstellt vom Generalsunternehmer Josef Durrer aus Kägiswil). Für die erste Wintersaison in Braunwald 1928/1928 startete die BrB mit dem Ganzjahresbetrieb. Der systematische Ausbau von Aufzugs- und Transportanlagen zu und in der Feriendestination setzte in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre ein und dauerte auch während der Zeit des Zweiten Weltkriegs an. Spezifisch für den Skisport wurde 1936 ein Schlittenaufzug Hüttenberg-Grotzenbüel durch die Skischlitten AG installiert; 1941 folgte ein erster Skilift Niederschlacht-Bödeli. Der Ausbau und die Erstellung der meisten Sportanlagen erfolgten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Der Seblengrat und der Gumen (1'901 m ü. M.) sind im touristisch erschlossenen Gebiet von Braunwald die höchst gelegenen Endstationspunkte. Der Seblengrat schliesst in östlicher Richtung den Gipfeln der Eggstöcke an, die im Westen die Grenze zum Kanton Schwyz bilden. Er trennt die Geländeterrasse Braunwald über dem Linthal vom Tal des bei Luchsingen in die Linth mündenden Bächibachs. Die Erschliessung des Seblengrat erfolgte 1969 im Rahmen der Skigebietserweiterung und hatte den Vorteil, dass mit einer Grat-Station gleichzeitig zwei Geländekammern bedient werden konnten: Aus diesem Grund wurde die von der Math. Streiff AG fabrizierte Seblengrat-Bahn als Zwillingsanlage ausgeführt (vgl. 74.120).
Von Braunwald her startet die als Einseilumlaufbahn mit fest geklemmten Zweier-Sesseln ausgeführte Bergbahn ab dem Grotzenbüel auf 1'558 m ü. M.. Sie erstreckt sich über eine Länge von 1'177 m und steigt in nördlicher Richtung durch kupiertes, nahezu unbewaldetes Gelände auf 1'895 m ü. M. hinauf. Die Bahnstrecke ist mit 13 aufwändigen Stützen bestückt, die sich aus einem zylindrischen, seitlich gestützten Basisteil und einem gespreizten Aufsatz, an dem die Rollenbatterien frei aufgehängt sind, zusammensetzen. Die Talstation mit der Umlenkscheibe ist eine offene, an einem Betonbock befestigte Konstruktion. Die Antriebsgruppe ist in der Bergstation angelegt, wo sich auch die Gewichtsabspannung des Förderseils befindet. Die Fahrbetriebsmittel sind Metallkonstruktionen mit nachträglich ausgewechselten Kunststoff-Schalensitzen. Sie haben Vierkant-Gehänge und sind mit Klemmapparaten des Systems Girak ausgestattet. Für Materialtransporte zur Belieferung des bei der Bergstation eingerichteten Gasthauses steht ein Spezialfahrzeug mit Lastbarelle zur Verfügung.
Im massiv ausgebildeten und flach gedeckten, ostseitig mit einem Pultdachanbau versehenen Bergstationsgebäude ist auch der Antrieb der Zwillingsbahn Bächital-Seblengrat untergebracht und weist daher einen winkelförmigen Grundriss auf. Die für die Bahnüberwachung aufgestellten Bauwerke sind einfachste, hölzerne Fahrnisbauten.
Gesamtwürdigung
Die von der Glarner Firma Mathias Streiff AG fabrizierte, ausschliesslich für den Wintersport eingesetzte Einseilumlaufbahn mit fest geklemmten Zweier-Sesseln von 1969 ist ein wesentlicher Anlageteil der attraktiven und überschaubaren touristischen Infrastruktur der (relativ jungen) Gemeinde Braunwald. Sie bildet zusammen mit der gleichzeitig errichteten, vom Bächtital her geführten Sesselbahn (74.120) eine logistische Einheit mit gemeinsamem Bergstationsgebäude. Die beiden Einseilumlaufbahnen mit fixen Sesseln und eigenwillig ausgebildeten Stützen zählen innerhalb der Werkgruppe von Streiff zu den äusserst seltenen Exemplaren dieses Bergbahntyps, welche die innovative und auf Pendelbahnen spezialisierte Schwandener Unternehmung in der Schweiz ausführen konnte. Mit über 40 Betriebsjahren weist der Sessellift auch ein aus seilbahntechnischer Sicht erhebliches Alter auf. Bis auf die mit neuen Kunststoffpolstern versehenen Sesseln ist die Anlage integral aus der Bauzeit erhalten und stellt somit ein seilbahngeschichtlich bemerkenswertes Zeugnis von erheblichem Interesse dar.
Bewertung
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | Erweiterung Skigebiet; zu Station auf Grat, die von beiden Seiten bedient wird; zwei Hänge, eine Zwillingsbahn (74.120) |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | direkter Weg auf Grat; an Waldstück vorbei; kupiertes Gelände |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Bergstation zweier Stationen mit beiden Antrieben; Förderseilabspannung mittels Gewicht ebenfalls in Bergstation; Umlenkscheibe bei offener Talstation an Stahlkonstruktion befestigt, die an Betonbock fixiert ist; spezielle, aufwändige Stützenformen: seitlich gestützter, zylindrischer Basisteil mit aufgesetztem, gespreiztem Aufsatz, an dem die Rollenbatterien frei aufgehängt sind; Festklemmen (System Girak) |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | Braunwald ist "Streiff-Gebiet"; frühe u. repräsentative, integral erhaltene Einseilumlaufbahn mit fixgeklemmten offenen Zweier-Sesseln des vor allem im Pendelbahnbereich sehr aktiven Seilbahnherstellers Streiff (Kraftwerk-Bahnen) |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | - | - |
Architektur | | angemessen dimensionierte, sachlich ausgebildete Konstruktionen: Bergstation mit einem dominierenden Gebäude: gemeinsames Antriebsgebäude für die Zwillingsbahn (74.120); übrige Bauten: einfache Holzkonstruktionen verschiedener Grössen, zum Teil einfache Hüttchen mit Charakter von Fahrnisbauten |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Antriebsgebäude: Mischkonstruktion mit Beton Unterbau u. Holzaufbau; Steildach |
bautypologische Bedeutung | | Antriebsgebäude als wesentliche, aus der Erstellungsszeit stammende u. minimal veränderte Anlagekomponente |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | vollumfänglich erhalten |
Qualität der Nachrüstungen | | da guter Unterhalt keine Nachrüstungen |
funktionale Unversehrtheit | | mit Zwillingsanlage (74.120) in Betrieb |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | | Mathias Streiff war im VR der Bahngesellschaft; enge Verknüpfung von Hersteller u. Betreibergesellschaft ist charakteristisch für Braunwald (vgl. 75.002/003): Hersteller als Promoter |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | Teil der attraktiven, überschaubaren touristischen Infrastruktur in mittlerer Höhenlage der (relativ jungen) Gemeinde Braunwald; seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert sanftes Wachstum des Fremdenverkehrsangebots; ideal für Familien |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | nicht hohe Masten; Schneise durch Mattwald, aber unterhalb Baumspitzen |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | Bergrestaurant auf Grat für beide Liftanlagen (74.120); mehrere Aufzugsanlagen an der Südseite des Grats |
Verkehrsnetze | | Hauptstrasse bis Linthal für motorisierten Individualverkehr; Standseilbahn Linthal-Braunwald als Hauptzubringer für das autofreie Braunwald auf einer Terrasse (seit 1969 Parkhaus); ÖV mit Bahnstation in Linthal-Braunwaldbahn |
Anhang 1: Technische Daten
Strecke | | |
Betriebszweck | | Touristisch |
Streckenlänge (schief) | | 1177 m |
Höhendifferenz | | 337 m |
Längstes Seilfeld (schief) | | 119.5 m |
Grösster Bodenabstand | | 18 m |
Neigung Maximal; Mittelwert | | 809 o/oo; 304 o/oo |
Spurweite (auf Stützen); Bergseilseite | | 3600 mm; rechts |
Anzahl Stützen | | 13 |
Stützenbautechnik; Stützenform | | Stahlrohr; T-Stütze |
Stützen Hersteller | | 1969; Streiff |
Stützen-Rollenbatterie Hersteller | | 1969; Streiff |
Hochbauten | | |
Talstation Name; Konstruktion | | 1969; Grotzenbüel; Ohne Gebäude |
Bergstation Name; Konstruktion | | 1969; Seblengrat; Massiv (Beton/Mauerwerk) |
Seile | | |
Förderseil Durchmesser | | 36 mm |
Antrieb | | |
Antrieb Ort | | in Bergstation |
Motor Hersteller | | 1969; Leroy-Sommer |
Antriebstyp; Motorleistung | | Gleichstrom Ward Leonard WL; 118 kW |
Getriebe Hersteller | | 1969; Kissling |
Notantrieb für Räumung | | Hydraulisch mit Verbrennungsmotor |
Bremsen | | |
Betriebsbremse | | 1969; Scheibenbremsen |
Sicherheitsbremse | | 1969; Scheibenbremsen |
Mechanische Einrichtungen | | |
Förderseil Spannsystem | | Gewicht Bergstation |
Stationsumlaufförderer | | Keine (Festklemmen) |
Beschleuniger/Verzögerer | | Keine (Festklemmen) |
Elektrotechnische Einrichtungen | | |
Steuerung Hersteller | | 1969; Frey Stans |
Fernüberwachungsanlage Hersteller | | 1969; Frey Stans |
Fahrbetriebsmittel | | |
Anzahl | | 135 |
Plätze / Fahrzeug | | 2 |
Fahrbetriebsmittel Leergewicht | | 85 kg |
Sessel Hersteller | | 1969; Streiff |
Sesseltyp | | Metall mit Kunststofflattung |
Gehänge Hersteller | | 1969; Streiff |
Klemmvorrichtung Hersteller; Typ | | 1969; Girak; Festklemme |
Förderleistung | | |
Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit | | 2.2 m/s; 8.5 Min. |
Personenleistung; Jahresbeförderung Total | | 1100 Personen/h; 94000 Pers./Jahr |
Notwendiges Betriebspersonal | | 2 Pers. |
Anhang 2: Apparat
Archive |
- | SWA BS Verkehr B 162 (Seilbahnen Braunwald: Grotzenbüel-Seblengrat; Bächital-Seblengrat; Niederschlacht-Hüttenberg; Hüttenberg-Grotzenbüel) |
Literatur |
- | Anonym: Historische Daten von Braunwald 1958 bis 1969, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-48728.html |
- | Walker, Annemarie u. Joerg: Die von Arnold Annen erbauten Funis (4). Braunwald, Bödeli-Grotzenbühl, 1936-1973, Version vom 10.07.2010, URL: http://jwalker.ch/funi-annen/annen-bwd.html |
- | Anonym: Bahnen und Bähnchen am Boden und in der Luft, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-48664.html |
- | Anonym: Historische Daten von Braunwald 1196 bis 1799, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-48671.html |
- | Anonym: Historische Daten von Braunwald 1806 bis 1927, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-48689.html |
- | Anonym: Historische Daten von Braunwald 1928 bis 1957, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-48693.html |
- | Anonym: Historische Daten von Braunwald 1970 bis 1982, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-48729.html |
- | Anonym: Gemeinde Braunwald heute, Version vom 10.07.2010, URL: http://www.braunwald.ch/de/navpage-BraunwaldBKT-HistoryBKT-150225.html |
e-docs |
- | http://www.stahlseil.ch/gallery/main.php?g2_itemId=122606 |
Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten
Anhang 4: Relationen
Anhang 5: Bildauswahl