Die auf dem Gebiet der politischen Gemeinde Lauterbrunnen angelegte Schilthornbahn wurde aufgrund von verkehrstechnischen Bedürfnissen (Erschliessung des Dorfes Gimmelwald), aber auch zur Entwicklung des Fremdenverkehrs (Kurort Mürren) sowie zur Erschliessung eines der schönsten Aussichtsgipfels des Berner Oberlands errichtet. Die Bahn verbindet das Dorf Gimmelwald auf 1'286 m ü. M. einerseits mit der Ortschaft Stechelberg zu hinterst im Lauterbrunnental auf 867 m ü. M., und andererseits mit dem Kurort Mürren auf 1'638 m ü. M.. Diesem ersten Abschnitt schliessen zwei weitere Sektionen an, nämlich Mürren-Birg (71.077) und Birg-Schilthorn (71.078). Die Gesamtanlage setzt sich aus drei verschiedenen Bahnsystemen zusammen.
Die Talstation ist mit Rücksicht auf die Lawinenverhältnisse und hinsichtlich Autoparkierung im freien Gelände Lengwald, rund zwei Kilometer südlich der berühmten Trümmelbachfälle und nördlich des Weilerzentrums Stechelberg angelegt. Die Station Gimmelwald an der nordöstlichen Peripherie des Weilers ist als Umsteigestation ausgebildet; die Station Mürren befindet sich am südwestlichen Rand des Dorfes, ausserhalb des Dorfkerns.
Die beiden Fahrzeuge werden mit dem gleichen, in der Station Mürren untergebrachten Antrieb bewegt. In der Zwischenstation Gimmelwald werden die durchgehenden Zug- und Gegenseile mittels einer spitzwinkligen Disposition umgelenkt: Diese Grundanordnung ist in der Schweiz im Segment der Pendelbahnen einzigartig. Die beiden Streckenabschnitte sind 1'197 m respektive 1'208 m lang: Die Seildifferenz wird über die Zugseilspannanlage (eigentlich Gegenseilspannanlage) sowie über das mit Seilreitern dosierte Durchhängen des Zugseils auf der Strecke Stechelberg-Gimmelwald ausgegelichen. Für den unteren Abschnitt wurde ein, an der Fluhkante platzierter Stahl-Fachwerkmast mit beachtlicher Seilumlenkung benötigt; im oberen Abschnitt führen zwei Stahl-Fachwerkmasten das Seil.
Die unterste, V-förmig angeordnete Sektion der Schilthornbahn wurde in verschiedenen Etappen erneuert: 1986 wurde zwecks Leistungssteigerung die Antriebsgruppe einschliesslich Bremswerk ersetzt und zugleich wurden die Sicherheitseinrichtungen ausgewechselt. Aus diesem Jahr stammen auch die Laufwerke der Fahrzeuge, während die Fachwerkgehänge der Anfangszeit beibehalten worden sind. Der Ersatz der 100 Personen fassenden Kabinen (Hersteller: Gangloff) folgte 1995.
Charakteristisch für die Schilthornbahn war und ist neben der seilbahntechnischen Leistungen auch die hohe bautechnische Qualität der Hoch- und Tiefbauten der gesamten Seilbahnanlage. Die in anspruchsvollem, alpinem und hochalpinem Gelände ausgeführten Bauwerke zeugen trotz der jüngeren An- und Umbauten von einem gekonnten Dialog zwischen architektonischem Ausdruck und (seilbahn-)technischer Anforderung und zeichnen sich durch eine gleichzeitig einheitliche und differenzierte Formensprache aus.
Seit 1967 ist das Schilthorn, mit 2973 Metern der höchste Gipfel der Berner Voralpen, durch mehrere aufeinander folgende Pendelluftseilbahnen in besonderer Anordnung von Stechelberg aus erschlossen: Der erste Abschnitt Stechelberg – Gimmelwald und Gimmelwald – Mürren wurde in V-Form mit einer in der Schweiz einzigartigen, spitzwinkligen Umlenkdisposition in der Zwischenstation realisiert; zum Gipfel folgen die Sektionen Mürren – Birg und Birg – Schilthorn. Die ersten zwei Sektionen konnten bereits 1965 eröffnet werden, die letzte Sektion zum Gipfel wurde 1967 in Betrieb genommen. Die Schilthornbahn, eine Kombination von Touristenbahn und öffentlichem Verkehrsmittel zur Erschliessung der Orte Gimmelwald und Mürren, wurde bei ihrer Erstellung als imponierende Leistung im Seilbahnbau gewürdigt und galt auch im internationalen Vergleich als Werk der Superlative. Sie war zu diesem Zeitpunkt die längste Seilbahn der Schweiz und stellte knapp 60 Jahre nach Inbetriebnahme des Wetterhornaufzugs (1908) einen weiteren Höhepunkt in der Geschichte des mechanisierten Alpentourismus und zugleich einen ebenso wichtigen Meilenstein der Herstellerfirma Von Roll dar. Charakteristisch für die Schilthornbahn ist neben der seilbahntechnischen Leistungen auch die hohe bautechnische Qualität der Hoch- und Tiefbauten. Die in anspruchsvollem, alpinem und hochalpinem Gelände ausgeführten Bauwerke zeugen trotz der jüngeren An- und Umbauten von einem gekonnten Dialog zwischen architektonischem Ausdruck und (seilbahn-)technischer Anforderung und zeichnen sich durch eine gleichzeitig einheitliche und differenzierte Formensprache aus.
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) |  | Ziel: Schilthorn; Umweg über Gimmelwald, da dieses Dorf fernab jeder öffentlichen Erschliessung war; Aufbau Skigebiet Schilthorn mit Gipfelrestaurant (Konkurrenzprojekt: Verlängerung Allmendhubel-Engetal) |
Linienführung: Planung, Umsetzung |  | ursprüngliche Planung Stechelberg Dorf-Gimmelwald-Mürren verworfen, da Stechelberg-Dorf lawinenexponiert ist; Verschiebung des Standorts nach Norden, ein Landkauf, der Parkplätze ermöglichte, u. die Realisierung zweier gleich langer Strecken u. somit einer zusammenhängenden, günstigeren Zweisektionen-Linie; Stationen am Dorfrand bzw. ausserhalb der Siedlungskerne; geschickte Standortwahl |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien |  | Pendelluftseilbahn mit besonderer Anordnung: V-Form mit Ablenkung in Gimmelwald; Kabinen hängen für beide Sektionen am gleichen Zugseil; je eine einspurige Strecke, ein Antrieb in Mürren; Tragseilabspannung jeweils in Berg- u. Talstation, Gegenseilabspannung in Talstation; Fahrzeuge mit relativ kurzen Fachwerk-Gehängen; konische Fachwerkstützen |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller |  | Prestigeobjekt der Fa. Von Roll; relativ frühe Grosskabinenbahn; Teilsektion der zur Erstellungszeit insgesamt längsten Luftseilbahn der Welt; die Kabinen gehörten zur Erbauungszeit schweizweit zu den Fahrbetriebsmitteln mit dem grössten Fassungsvermögen |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau |  | sowohl für die Seilbahntechnik als auch für die Hochbauten anspruchsvolle Bedingungen; hochalpine Bauwerke |
Architektur |  | Dialog zwischen architektonischem Ausdruck u. (seilbahn-)technischer Anforderung: gekonnte Umsetzung, insbesondere bei der Umsteigestation Gimmelwald; einheitliche Formensprache bei den vier Stationsgebäuden Stechelberg, Gimmelwald, Mürren, Birg |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien |  | Betonkonstruktion |
bautypologische Bedeutung |  | Berg- u. Talstation Mürren mit Bahnzentrumsfunktion; spezifisch u. differenziert ausformulierte Anlagekomponenten aus der Erstellungszeit; nachträgliche Ergänzungen u. Einbauten |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten |  | Seilbahngrundprinzip u. Anordnung beibehalten, ebenso Stützen u. Stationsgebäude |
Qualität der Nachrüstungen |  | 1986 Haupterneuerungsphase: zahlreiche Komponenten wegen Leistungssteigerung u. neuen seiltechnischen Erkenntnissen ausgewechselt u. angepasst; Kabinenersatz 1995 |
funktionale Unversehrtheit |  | als Zubringer u. Touristenbahn stark beanspruchte Anlage |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen |  | bedeutendes Von Roll-Projekt; hervorragende Leistung des renommierten Von Roll-Ingenieurs Paul Zuberbühler |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär |  | wesentlicher Impuls u. notwendige Investition für den in der Entwicklung stagnierenden – autofreien – Kurort Mürren; Entlastung der Dorfschaft Lauterbrunnen in Bezug auf Parkplätze für Reisende in Richtung Wengen-Jungfrau |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts |  | an der Wand entlang; am Hang entlang; spannungsvoller Dialog zwischen technischem Eingriff u. spektakulärer Landschaft |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur |  | Restauranttrakt u. Personalwohnungen in Bergstation; Teilsektion der Gipfelbahn; Skiliftanlagen vom Dorf Mürren aus |
Verkehrsnetze |  | Autozufahrt Stechelberg u. Parkierungsmöglichkeit; Postautokurs, der die Verbindung zu den ab Lauterbrunnen nach Interlaken Ost (SBB) führenden Berner Oberland-Bahnen BOB herstellt; heute ist die SLMS von 20:00 - 24:00 die einzige Anbindung ans Unterland |
Bundesinventare |
- | ISOS (national) | Gimmelwald (Gemeinde Lauterbrunnen) Weiler |
- | KGS 2009 | Objekt-Nr.: 9918 Luftseilbahn Stechelberg - Schilthorn, Kat. A |
andere Inventare |
- | ISIS | Objekt-Nr.: 3822-13-0 |
Archive |
- | SWA BS Verkehr B 623 (Schilthorn AG Mürren) |
Literatur |
- | Gruner, Georg; Stöcklin, Fritz; Zuberbühler Paul: Die Schilthornbahn. Eine Luftseilbahn im Berner Oberland, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, vol. 85(1967), p. 497-506 |
- | Welz, Alfons: Die Schilthornbahn. In: Glasers Annalen. Zeitschrift für Eisenbahnwesen und Verkehrstechnik, 91(1967) Nr. 5, p. 145–150 |
- | Bernet, Daniel: Von Morgan bis Bond - Schilthornbahn 1959-1969, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 70. Jg.(2008), H. 3, p. 1-53 |
e-docs |
- | http://www.bahn-bus-ch.de/bahnen/schbm/foto-b.html |