Der definitive Beschluss, das Kleine Matterhorn und das Gletschergebiet Plateau Rosa (Theodulgletscher) mit einer Pendelbahn für den Skitourismus zu erschliessen, geht auf das Jahr 1965 zurück. Das Konzessionsgesuch wurde 1969 eingereicht, 1970 wurde die Konzession von den eidgenössischen Behörden erteilt. Weil die Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege eine Beschwerde gegen die Konzessionserteilung einreichte, wurde die Realisierung sistiert. Erst 1973, nach Bundesratsentscheid, wurde die Beschwerde der Stiftung abgelehnt und die Konzession definitiv in Kraft gesetzt. Das Gebiet Klein Matterhorn-Theodulhorn-Theodulgletscher ist ein touristisch intensiv genutzter Korridor und grenzt westlich und östlich an die Landschaft von nationaler Bedeutung (Objekt Nr. 1707 Dent Blanche-Matterhorn-Monte Rosa).
Antrieb und Zugseilabspannung sind aufgrund der ausserordentlichen Bedingungen (Fels, Gletscher, Permafrost) in der "Talstation" Trockener Steg angelegt; die Bergstation ist mehrheitlich in den Gipfel des Kleinen Matterhorns eingelassen und nur der Einfahrtskopfbau ist von aussen sichtbar. Die Streckenlänge von 3'672 m wird mit Hilfe dreier Stützen bewältigt, die alle im unteren Drittel, in statisch sehr anspruchsvollem Untergrund positioniert sind. Anstelle von Spanngewichten und Gewichtsschächten wurden vom Felsinnern her feste (Querstollen), vorgespannte Felsverankerungen eingesetzt. Vom Aufnahmetrakt der Bergstation führt ein 170 m langer Stollen auf die Südseite des Kleinen Matterhorns und erschliesst den Skifahrenden das Breithorn-Plateau. Ein Vertikalaufzug führt zudem auf eine unter dem Gipfel erstellte Aussichtsplattform. Die Fahrzeuge weisen aufgrund damals neuer Erkenntisse sehr lange Gehänge auf. Das Zugseil ist am Fahrzeug mittels Trommel befestigt.
Die Personenluftseilbahn mit Grosssraumkabinen Trockener Steg-Klein Matterhorn ist neben der Schilthornbahn (71.076, 71.077, 71.078) die berühmteste Pendelbahn der Firma Von Roll. Ihre Bergstation auf 3820 m ü.M. ist die höchstgelegene Station einer Personenluftseilbahn in Europa. Die Anlage weist schweizweit das längste Spannfeld auf (2885 m). Vision und Linienführung sind angesichts der extremen landschaftlichen Bedingungen kühn. Mit 30 Betriebsjahren weist die Anlage, die in weiten Teilen unverändert ist, in seilbahntechnischer Hinsicht zudem bereits ein beträchtliches Alter auf. In der Phase von der Projektierung bis zur Realisierung war sie äusserst umstritten, da sie in einer geschützten hochalpinen Landschaft zu liegen kam; der Bahnbau förderte den Konflikt zwischen Tourismusentwicklung in der Berglandschaft und Landschaftsschutz zu Tage, der schliesslich mit der Ausscheidung eines Tourismus-Korridors bewältigt wurde.
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) |  | Basisprojekt aus dem Jahr 1965!: Erschliessung des hochalpinen, 3883 m hohen Berggipfels Klein Matterhorn am westlichen Ende der Monte Rosa-Gruppe u. Bereitstellung des Rosa-Plateaus für den Skitourismus |
Linienführung: Planung, Umsetzung |  | aufgrund der hochalpinen Bedingungen – schwieriger Stützenuntergrund, gigantische Abmessungen – anspruchsvolle Linienführung; mit 3672 m sehr lange, gerade Strecke, die mit nur drei Stützen, die sich alle im unteren Streckendrittel befinden, bewältigt wird; nach wie vor schweizweit längstes Spannfeld (2885 m) |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien |  | Antrieb u. Zugseilabspannung mittels Gewicht in Talstation; Tragseilabspannung über feste, vorgespannte Felsverankerungen in Felsstollen; in Fels eingelassene u. zu Durchgangsstollen führende Bergstation; Befestigung der Fahrzeuge am Zugseil mittels Trommel; Fahrzeuge mit langen Fachwerkgehängen; konische Fachwerkstützen |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller |  | nach wie vor Werk der Superlative u. Prestigebahn der Fa. Von Roll: zweispurige Personenpendelbahn mit Grossraumkabinen (100 Pers.), Höhenrekord Europa 3820 m ü. M., weitestes Spannfeld der Schweiz 2885 m; aufgrund neuer Erkenntisse sehr langes Gehänge; wegen grosser Seilbewegungen extrem tiefe Tragseilspanngewichtsschächte; bis auf Steuerung u. Fernüberwachungsanlage integral erhalten u. mit 30 Betriebsjahren von beträchtlichem Alter |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau |  | höchst anspruchsvolle, hochalpine Bedingungen: Ausführung bei Minus-Temperaturen, Fundationen in Gletscher- u. Permafrostgebiet, Bergbauwerke (Stollen) |
Architektur |  | gigantische, in Anlehnung an die karge, hochalpine Berglandschaft Béton brut-Bauwerke; formal aufs Minimum reduziert; Bergstation als sechseckiger Kopfbau, der dem zur Südseite des Kleinen Matterhorns führenden Durchgangsstollen vorangestellt ist |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien |  | Betonbauwerke: Talstation klassischer Pultdachbau; Bergstation sechseckig; hochalpine Bauwerke mit entsprechend anspruchsvollen u. aufwändigen Ausführungsbedingungen |
bautypologische Bedeutung |  | integraler, aus der Bauzeit stammender Bestandteil der gesamten Seilbahnanlage |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten |  | bis auf Ersatz Steuerung, Fernüberwachung u. Kopierwerk integral aus dem Erstellungsjahr 1979 überliefert |
Qualität der Nachrüstungen |  | 1995 Ersatz Steuerung, Fernüberwachung u. Kopierwerk |
funktionale Unversehrtheit |  | in hochtouristischem Gebiet im Einsatz |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | - | - |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär |  | Matterhorn Glacier Paradise ist das attraktivste u. umfassendste Ganzjahreskernangebot des Zermatter Fremdenverkehrs |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts |  | wegen der Erschliessung der bis bis zum Zeitpunkt der Erstellung unberührten Gipfellandschaft von Landschaftsschutzverbänden stark kritisiert; trotz ablesbarer formaler Auseinandersetzung mit dem Landschaftskontext auffälliges technisches Fremdelement |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur |  | Matterhorn Glacier Paradise: Gipfelrestaurant, Aussichtsplattform, Gletscherpalast, Gravity Park; Aufzugsanlagen für Sommer- u. Wintertourismus ab "Basisstation" Trockener Steg |
Verkehrsnetze |  | Zubringerbahnen ab Zermatt: Zermatt-Furi (72.121); Furi-Trockener Steg (71.100) |