Ort, Kanton | Oberwald, VS | Koord. Talstation | 670.514/154.031 ; 1385 m.ü.M | Koord. Bergstation | 671.438/154.190 ; 1775 m.ü.M |
| Einstufung | Regional | Besuch | 29.07.2009 eb | Inventar | 04.01.2011 zk |
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| Baujahr | 1974 | Erstinbetriebsetzung | 1974 | Umbauten | | Anlage abgebrochen | 2012 |
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Situation
Beschreibung der Anlage
Im nordöstlichsten Teil des Walliser Hochgebirgstals Goms befindet sich am nordwestlichen Talhang, rechts des Rottens, das heute zur politischen Gemeinde Obergoms gehörende Dorf Oberwald. Das Dorf liegt direkt an der Furka- und Grimselstrasse sowie seit 1915 an der Linie der Furka-Oberalp-Bahn FO, deren Gesamtstrecke zwischen Brig und Disentis 1925 in Betrieb genommen, und die 2003 zusammen mit der Brig-Visp-Zermatt-Bahn BVZ zur Matterhorn-Gotthard-Bahn MGB vereinigt wurde.
Die Gommer Dörfer verloren mit dem Bau der Passstrassen über den Simplon 1800-05 und den Gotthard 1820-36 an Bedeutung; mit der Eröffnung der Gotthardlinie 1882 kam der Güterverkehr vollständig zum Erliegen. Die Gommer erlitten in der Folge erhebliche wirtschaftliche Einbussen und nicht wenige Bewohner wanderten in die Westschweiz, in die Nachbarländer und nach Übersee aus. Andererseits begünstigte der seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgende Ausbau der Verkehrsverbindungen den Fremdenverkehr: Die Furkastrasse erreichte 1861 Oberwald und sechs Jahre später Andermatt; das Eggishorn, der Märjelensee und der Rhonegletscher wurden Touristenattraktionen; Fiesch entwickelte sich zu einem der ersten Walliser Touristikzentren. Dennoch blieb das Goms in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts landwirtschaftlich geprägt. Erst die Erstellung von Festungen im Rahmen der Reduit-Strategie zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und ab den 1950er-Jahren der Kraftwerksbau (vgl. auch VS-BI-1 oder VS-UL-1) brachten neue und alternative Verdienstmöglichkeiten. Die touristische Entwicklung setzte auch erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein.
Zum Sommer-Angebot gehören kulturhistorische und Höhen-Wege; im Bereich des Winter-Tourismus erlangte das Goms aufgrund seines ausgedehnten und hervorragend ausgebauten Langlauf-Netzes ab den 1970er-Jahren eine grosse Bedeutung. Ein kleines, familienfreundliches Skigebiet am Hungerberg in Oberwald bietet seit 1974 attraktive Pisten für den Alpinsport an.
Kern dieses Skigebiets am Hungerberg, der sich auf der linken Rotten-Talseite über dem Rotten-Zufluss Goneri erhebt, ist ein Zweier-Sessellift. Die Einseilumlaufbahn mit fest geklemmten Zweier-Sesseln hat ihren Anfangspunkt im Dorfteil Unterwassern auf 1'385 m ü. M.. Die Strecke steigt in gerader Linie dem Nordwest-Hang entlang auf 1'775 m ü. M. hinauf, von wo aus zwei parallel angelegte Skilifte in Richtung Galestafel auf rund 2'100 m ü. M. führen (VS-OB-1-s, VS-OB-2-s). Die leichte, konventionelle Anlage erstreckt sich über eine Länge von 1'040 m und ist mit zehn recht hohen, geraden Fachwerk-T-Stützen ausgestattet.
Der Sessellift stammt vom Steffisburger Skilift-Spezialisten Marcel Bachmann & Co. BACO. Die Fahrbetriebsmittel sind leichte Metallsessel mit Kunststoff-Schalensitzen; sie sind einschliesslich der Klemmapparate vollständig aus der Erstellungszeit erhalten. Die Antriebseinheit der Anlage ist in der Talstation angelegt; dort befindet sich auch die Gewichtsabspannung des Förderseils. Die Komponenten der Talstation sind in einem unspektakulären, mit Holz verschalten Satteldachgebäude untergebracht; der Ausstieg und die Umlenkung bei der Bergstation sind offen ausgebildet.
Seit Ende der Wintersaison 2008/09 steht der Sessellift ausser Betrieb. Es wurde jedoch vom Gemeinderat Obergoms eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Auftrag hat, Möglichkeiten für die touristische Weiternutzung des Hungerbergs und die weitere Entwicklung aufzuzeigen. Das Projekt eines Luxus Hotel Resorts wird zu diesem Zeitpunkt nicht weiter verfolgt.
Gesamtwürdigung
Der von der auf die Fabrikation von Skiliften spezialisierten Steffisburger Seilbahnunternehmung Marcel Bachmann & Co. Baco stammende Zweier-Sessellift mit fest geklemmten Fahrbetriebsmitteln beim Obergommer Dorf Oberwald ist vollumfänglich aus dem Erstellungsjahr 1974 überliefert! Die BACO-Einseilsesselumlaufbahn in Oberwald ist das letzte noch betriebsfähige Exemplar dieses Typs. Sie ist daher aus seilbahntechnischer respektive seilbahngeschichtlicher Hinsicht von grossem öffentlichem Interesse. Als Basis-Anlage des kleinräumigen, familienfreundlichen Alpinskigebiets von Oberwald kann ihr auch eine wesentliche wirtschaftliche und touristische Bedeutung beigemessen werden.
Bewertung
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | Neuerschliessung Skigebiet mit zwei gleichzeitigen Skiliften |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | auf Geländerücken; (nicht bewaldetes) Weidegebiet; ideal bezüglich Geländenutzung |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | leichte, konventionelle Installation: Antrieb u. Abspannung des Förderseils mittels Gewicht in Talstation; recht hohe, gerade Fachwerk-T-Stützen |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | homogene BACO-Gruppe: Stützen u. Rollenbatterien, Fahrbetriebsmittel; BACO hatte insgesamt nur wenige Sessellifte erstellt; die Hungerberg-Einseilumlaufbahn mit fix geklemmten Zweier-Sesseln ist die letzte (technisch) betriebsfähige Anlage dieser Art u. ist integral überliefert |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | | schlanke, zum Teil recht hohe Fachwerkstützen |
Architektur | | angemessen dimensionierte Talstation als technisch-sachliche Konstruktion, die sich formal u. materiell an den lokalen Zweckbauten orientiert; Bergstation offen |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Tragstrukturen: mehrheitlich Betonbauweise u. Stahlkonstruktion; asymmetrisches Satteldach; Holzeinwandung |
bautypologische Bedeutung | | Hochbau als wesentliche, aus der Erstellungsszeit stammende u. minimal veränderte Anlagekomponente |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | integral aus der Bauzeit überliefert |
Qualität der Nachrüstungen | - | - |
funktionale Unversehrtheit | - | seit Ende Wintersaison 2008/09 ausser Betrieb: Betriebsverlängerung u. Konzessionserneuerungen sowie andere Investitionen stehen an, Finanzierungsbedarf kann aber zur Zeit nicht geleistet werden; Abklärungen seitens der Investorengesellschaft MLR für Ersatzanlage werden nicht weiter verfolgt |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | - | - |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | seit der Mitte des 20. Jh. verhaltene Entwicklung des Tourismus: kleine, aber feine Fremdenverkehrsdestination im oberen Goms; neu ist ein Luxusresort am Hungerberg geplant (Mountain Luxury Resort), die Gesellschaft wartet aktuell auf Finanzierungsnachweis |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | folgt Anforderungen Seilbahntechnik; vergleichsweise "bescheidene" Installation in Bezug auf den Eingriff in die wenig tangierte Landschaft |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | zugehöriges Bergrestaurant; zwei gleichzeitige Skilifte auch von BACO (VS-OB-1-s/-2-s); Langlaufpisten im Tal |
Verkehrsnetze | | Strassenzufahrt für motorisierten Individualverkehr; ÖV: Station Matterhorn-Gotthard-Bahn MGB (ab 1915, Furka-Oberalp) |
Anhang 1: Technische Daten
Anhang 2: Apparat
Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten
Anhang 4: Relationen
Hersteller | BACO | | Marcel Bachmann & CO | | |
Anlage in der Nähe | VS-OB-1-s | SL | Hungerberg I, linker Lift, Oberwald | | |
Anlage in der Nähe | VS-OB-2-s | SL | Hungerberg II, rechter Lift, Oberwald | | |
Anhang 5: Bildauswahl