Das Dorf Staldenried, das eigentlich aus mehreren verschiedenen Gebäudegruppen besteht, liegt auf einer Hangterrasse im vorderen Vispertal, direkt oberhalb der Verzweigung des Saaser- und Mattertales. Die drei grössten Siedlungseinheiten innerhalb der Gemeinde haben wichtige gesellschaftliche Funktionen übernommen: Das kirchliche Zentrum heisst «Zur Kirche», das weltliche «Zur Tanne» und das touristische «Gspon».
Im Jahr 1947 hat der Grosse Rat des Kantons Wallis die Erstellung einer Luftseilbahn auf der Strecke Stalden-Staldenried-Gspon beschlossen. Im Auftrag der Gemeinde Staldenried wurde 1949 mit dem Bau der Bahn begonnen. 1951 konnte die in zwei Sektionen unterteilte Bahn ihren Betrieb aufnehmen.
Die Zweisektionen-Pendelbahn wurde von der Firma Von Roll erstellt. Die untere Sektion hat ihren Ausgangspunkt gegenüber dem Bahnhof der Matterhorn-Gotthard-Bahn in Stalden. Nach dem Überqueren der Vispa führt die 1'167 m lange Strecke weitgehend über Grasland bevor sie die Zwischenstation «Zur Kirche» und dann die Mittelstation «Zur Tanne» in Staldenried erreicht. Von der Mittelstation führt die 1'598 m lange zweite Sektion durch Waldgebiet und über eine steile Felswand nach Gspon. Die einzelnen Sektionen weisen drei respektive fünf typische Von Roll Dreibein-Fachwerkstützen auf.
Die Stationen fügen sich bezüglich Materialisierung und Gestaltung optimal in die bestehende Hauslandschaft ein. Auf einem massiven Sockelgeschoss mit vorgeblendetem Natursteinmauerwerk erhebt sich je ein Oberbau in Blockbauweise. Die Schrägdächer sind mit Schieferplatten eingedeckt. Die als Stahl-Fachwerkkonstruktion ausgebildete Zwischenstation «Zur Kirche» ist direkt an die zweite Stütze angefügt.
Die Tragseile der beiden Bahnen werden in der jeweils unteren Station mittels Gewichten abgespannt. In der Mittelstation Staldenried sind die Antriebsgruppen für beide Sektionen untergebracht. Ein Grossteil der Antriebskomponenten geht auf die Umrüstung von 1964 zurück. Die Betriebs- und Sicherheitsbremsen wurden 1989 ersetzt; gleichzeitig erfolgte der Einbau von neuen Steuerungs- und Überwachungseinrichtungen.
In der Anfangszeit waren die beiden Bahnsektionen mit Kabinen für je vier Personen ausgestattet. Diese wurden 1963/64 durch neue leistungsfähigere Kabinen für je zwölf Personen ersetzt. An die zu diesem Zeitpunkt durch die Firma Von Roll gelieferten Gehänge mit den zwölfrolligen Laufwerken und den berg- und talseitig angebrachten Fangbremsen wurden 1986 neue Kabinen der Firma CWA, Olten befestigt.
Die 1951 errichtete zweispurige Pendelbahn ist noch heute das zentrale öffentliche Verkehrsmittel für das Gebiet Staldenried-Gspon. Die in zwei Sektionen unterteilte Bahn (Stalden – Staldenried; Staldenried – Gspon) gehört zu den ältesten erhaltenen Pendelbahnen dieser Grössenordnung in der Schweiz. Die von der renommierten Firma Von Roll hergestellte Anlage besticht durch die aus der Bauzeit erhaltenen Stationsbauten und Stützen sowie durch die erhaltenen Komponenten der ersten Umrüstung von 1963/64 wie Antrieb, Gehänge und Laufwerke mit Fangbremsen.
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | öffentliche Erschliessung: Luftseilbahn als (ökonomisch) sinnvollstes Transportmittel |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | über besiedeltes Gebiet hinweg; von Siedlungszentrum zu Siedlungszentrum |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | konventionell, aber zeittypische Technik (insbesondere 1951 u. 1963/64); ideale u. kompakte Anordnung bei Station Staldenried: Anschluss à niveau, Antriebe u. Kommandostelle; Antriebsanordung kompakt: zusätzliche Einrichtungen durch Einbau eines Zwischenbodens sinnvoll untergebracht; schlanke, taillierte Dreibein-Fachwerkstützen; eng konfektionierte u. in der Achse der Zwischenstütze (Nr. 2) gut eingepasste Zwischenstation auf der Höhe Kirche; schmale Kabinen (windanfällig, aber in bestehende Öffnungen passend); knapper Bodenabstand (Reduktion Nutzlast) |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | zweispurige Zweisektionenpendelbahn; eine der ältesten Von Roll-Personenluftseilbahnen mit Fahrzeugen geringer Grösse (vgl. 71.022); exemplarisch für die frühen Von Roll-Personenluftseilbahnen |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | - | - |
Architektur | | die Hochbauten fügen sich bezüglich Materialisierung u. Volumetrie optimal in die bestehende Hauslandschaft ein; kompakte Installationen; für die 1950er-Jahre typische Orientierung an der lokalen Formensprache (später Heimatstil) |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Untergeschoss/Sockel: Beton aussenseitig mit vorgeblendetem Natursteinmauerwerk (rustikal); Oberbau: Blockbau; Schrägdächer mit Schieferplatten eingedeckt; Seilbahnkomponenten: Stahlkonstruktion |
bautypologische Bedeutung | | Hochbauten als wesentliche, aus der Anfangszeit stammende u. minimal veränderte Anlagekomponenten; Aufteilung der Baukörper nach Funktionen (Seilbahntechnik, Schnittstelle Kunde-Seilbahn) |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | ausserordentlich wertvolle, sehr alte u. repräsentative Seilbahnkomponenten: Linienführung, Stationsbauten u. Stützen; auch die Komponenten der ersten Umrüstung (1963/64) bereits von erheblichem Wert: Antrieb, Gehänge u. Laufwerk mit Fangbremsen |
Qualität der Nachrüstungen | | Nachrüstungen in zwei Phasen: 1963/64 grössere Fahrzeuge zwecks Leistungssteigerung u. 1989 Bremswerk sowie Steuerung u. Überwachungsanlagen; 1986 zweiter Kabinenersatz; die Nachrüstungen orientieren sich am Grundbestand |
funktionale Unversehrtheit | | nach wie vor als Haupterschliessungsmittel in Betrieb u. von zentraler Bedeutung |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | | von öffentlicher Hand betrieben: ab 1951 durch Gemeinde, seit 1977 durch Kanton verwaltet |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | für Familien geeignetes Winter- u. Sommerausflugsgebiet; grosses Naturerlebnis, da nicht hochtouristisch |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | primär auf optimale Seilbahnlinie konditioniert; landschaftlicher Kontext vernachlässigt; da wohlproportionierte u. verhältnismässig bescheidene Abmessungen der Anlagekomponenten in Landschaft weniger augenfällig |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | zwei Skilifte; Wanderwege: Angebot ausgewogen zur Grösse des Orts |
Verkehrsnetze | | direkter Bahnanschluss; Strasse als Konkurrenz |