61.028 Lugano Paradiso - M. San Salvatore, Lugano, Standseilbahn


61.028Lugano Paradiso - M. San Salvatore
Standseilbahn

Ort, KantonLugano, TI
Koord. Talstation716.748/094.320 ; 282 m.ü.M
Koord. Zwischenst.716.808/093.520 ; 492 m.ü.M
Koord. Bergstation716.836/092.809 ; 884 m.ü.M
EinstufungRegional
Besuch14.10.2009 tb
Inventar20.11.2010 pb

BetreiberinFunic. Lgno-Prdso-S.Salvatore SA
HerstellerBucher & Durrer / Bell
wwwhttp://www.montesansalvatore.ch/

Baujahr1888
Erstinbetriebsetzung1890
Umbauten1925/26; 1957; 2001

Situation

Beschreibung der Anlage

Der pyramidenförmige Monte San Salvatore am Lago di Lugano bietet eine vorzügliche Rundsicht. Der Anwalt Antonio Battaglini (1845-1923) aus Lugano erhielt 1885 eine Konzession für den Bau einer Zahnradbahn auf den S. Salvatore. Bereits 1887 wurde diese ersetzt durch eine neue Konzession für den Bau und Betrieb einer Standseilbahn von Paradiso auf den Gipfel des S. Salvatore. Diese Konzession verkaufte Battaglini an Franz Joseph Bucher-Durrer (1834-1906) und Josef Durrer-Gasser (1841-1919), die bereits vorgängig das Projekt der Standseilbahn ausgearbeitet hatten. Der Bau der Bahn begann im Juli 1888 und war im März 1890 fertig gestellt. Für den Oberbau war Ingenieur Roman Abt zuständig, während Brücken, Wagen und mechanische Einrichtungen von der Firma Bell & Cie geliefert wurden.
Die eingleisige Standseilbahn nimmt ihren Anfang in der Nähe des am See gelegenen Paradiso und führt in zwei Sektionen auf den Gipfel. Die gerade Linie der unteren Sektion überbrückt zuerst das Trassee der Gotthardbahn und etwas weiter oben das Calprino-Tal. Ab der Umsteigestation Pazzallo nimmt die gegenüber dem unteren Abschnitt deutlich steilere Strecke zuerst einen S-förmigen Verlauf, bevor sie als gerade Linie die Bergstation erreicht.
Die später durch Anbauten erweiterte Talstation in Paradiso erscheint als spätklassizistischer Baukörper mit massivem Erdgeschoss und hölzernem Obergeschoss; seitlich daran ist eine offene Abfahrtshalle angeordnet. Die Zwischenstation mit der Antriebsgruppe sowie die Bergstation sind zurückhaltender ausgebildet.
Die durchwegs einspurige, in zwei Sektionen unterteilte Strecke besitzt keine Ausweichen: das heisst auf jeder Sektion fährt nur ein Wagen. Im unteren Teil verläuft die Linie in einem Schutthaldeneinschnitt, während sie im oberen Teil in den Dolomitfelsen eingeschnitten oder auf hohem Mauerwerk gelagert ist. Die Abt-Zahnstangen wurden beim Umbau 1926 entfernt. Beeindruckende, mehrfach verstärkte Fachwerkbrücken führen über den Einschnitt der Gotthardbahn und das Calprino-Tal. Daneben bestehen verschiedene gemauerte Wegüberführungen sowie die Unterführung der Calprino-Strasse.
Die ursprünglichen Wagen mit zweiachsigem Fahrgestell wurden 1926 durch zwei neue, je 70 Personen fassende Wagen mit vierachsigem Fahrgestell und integrierter Zangenbremse ersetzt. Die 1957 in Betrieb genommenen neuen Wagen erhielten je zwei zweiachsige Drehgestelle mit Schnellschlussbremsen der Firma Bell sowie Wagenaufbauten der Flug- und Fahrzeugwerke, Altenrhein. Die in selbsttragender Stahlkonstruktion erstellten Aufbauten fassen seit dem Umbau durch die Firma Gangloff im Jahr 2001 je 60 Fahrgäste.
Die Antriebsgruppe in der Mittelstation war zur Leistungssteigerung mehrfach nachgerüstet worden (unter anderem 1927 und 1957). Bei der letzten Erneuerung der Anlage 2001 wurden sowohl Motor, Getriebe, Bremsen als auch die gesamte Steuerung ersetzt.


Gesamtwürdigung

Die einspurige, elektrische Standseilbahn auf den Monte San Salvatore verkörpert ein aussergewöhnliches Standseilbahnprinzip. Die Anlage besteht aus zwei Teilstrecken ohne Ausweichen, die je von einem durch den Antrieb in der Zwischenstation bewegten Wagen befahren werden. Die bezüglich Streckenführung und Betriebsprinzip erhaltene Bahn ist ein Werk der Bahnpioniere Bucher & Durrer. Die Kernbauten der Stationsgebäude und die beeindruckenden Fachwerkbrücken stammen aus der Bauzeit. Zur Leistungssteigerung und Sicherheitsanpassung der Bahn erfolgten im Laufe der Zeit verschiedene Erneuerungen. Die letzte Erneuerung manifestiert sich besonders im modernen Design der 2001 umgebauten Wagen. Die zuerst durch stark besiedelte und dann immer mehr durch natürlich belassene Landschaft führende Bahn hat vornehmlich touristischen Charakter. Neben der Infrastruktur (Restaurant, Museum und Kirche) bietet der Gipfel des San Salvatore eine herrliche Rundsicht auf den Luganersee, auf die Stadt Lugano und deren Umgebung sowie auf die Alpenkette.


Bewertung

Konzeption
Erschliessungsidee (Vision)sehr hochErschliessung eines der bekanntesten Berggipfels der Schweiz; Parallelkonzessionen a) Zahnradbahn b) Standseilbahn
Linienführung: Planung, Umsetzungherausragendzweiteilige Streckenführung, bei der der obere Abschnitt eine erheblich grössere Neigung aufweist; gerade Linienführung bis zur Mittelstation; zur unteren Linie schräg fortsetzende, in eine S-Kurve übergehende u. schliesslich wieder gerade weiterführende obere Strecke; wirtschaftlich optimierte Lösung, da Antrieb in Zwischenstation (Wegfallen der Ausweiche, dünneres Seil); unterschiedliche Steigungen der beiden Sektionen; interessante Disposition in Mittelstation (Grundriss, Treppe)
Seilbahntechnik
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialienherausragendeinspurige elektrische Standseilbahn mit Pendelbetrieb als Zweisektionenanlage ausgeführt u. mit mittiger Antriebs- bzw. Umsteigestation; ohne Ausweiche; ursprünglich Energie von der Kraftwerkzentrale in Maroggia (auch von Bucher & Durrer), seit 1960 am Netz der Officina elettrica von Lugano
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Herstellerherausragendeine der frühesten u. kühnsten Planungen u. Anlagen von Bucher & Durrer
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten
Ingenieurbausehr hochaus der ersten Bauphase beeindruckende Fachwerkbrücke über Gotthardbahnlinie u. über das Calprino-Tal, gemauerte Wegüberführungen u. Unterführung der Calprino-Strasse
Architekturhochspätklassizistische Talstation im Schweizer Holzstil, als Kopfbau ausgebildet mit jüngeren seitlichen Annexen; Zwischen- u. Bergstation zurückhaltender, aber sehr sorgfältig u. intelligent ausgebildet
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialienhochmassiv, Holz; Talstation mit offener, seitlich angeordneter Abfahrtshalle
bautypologische Bedeutungsehr hochStationsgebäude zu intakter Bahnanlage erhalten; Mittelstation mit Antrieb; Differenzierung Talstation u. Bergstation
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung
Umfang und Qualität der ursprünglichen KomponentendurchschnittlichLinienführung, Kunstbauten u. Seilbahnprinzip aus der Ursprungszeit; spezielles Seilbahnsystem mit mittiger Antriebsstation
Qualität der Nachrüstungendurchschnittlichkontinuierliche Nachrüstungen u. Verstärkungen für Leistungssteigerung u. Sicherheitsanpassungen; grosse Eingriffe 1927, 1957 u. 2001 Ersatz der Fahrzeuge
funktionale Unversehrtheitherausragendals Touristenbahn stark beansprucht
Kulturgeschichte
Personen, Firmen, InstitutionenherausragendBucher & Durrer
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militärherausragendbedeutendes Angebot der zahlreichen Attraktionen des Tessiner Fremdenverkehrs
Räumliche Situation
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontextshochdie zwei Teilstrecken befinden sich in unterschiedlich geprägten Landschaftsabschnitten: der Bereich der unteren Teilstrecke, die vom Bergfuss in die mittlere Höhe führt, ist besiedelt u. wird zunehmend verdichtet; die obere Teilstrecke führt durch Wald u. ist gut eingebettet
Infrastruktur
touristische/betriebliche Infrastruktursehr hochRestaurant Vetta; Museum; Kirche Vetta
Verkehrsnetzesehr hochSchiffsanlegestelle in Paradiso; Strassenbahn von Lugano nach Paradiso

Anhang 1: Technische Daten

Strecke

BetriebszweckTouristisch, Private / Betriebs Erschliessung
Streckenlänge (schief)1629 m
Höhendifferenz602 m
Neigung Maximal; Mittelwert372 o/oo; 263 o/oo
Spurweite1000 mm
Anzahl Stationen3
Standseilbahnprinzip2 Wagen auf separatem Gleis
UnterbauVerbund Mauerwerk/Stahl, Beton
BrückentypenMauerwerk, Stahl-Fachwerk
Anzahl Brücken2
Längste Brücke130 m
Anzahl Tunnels0

Hochbauten

Talstation Name; Konstruktion1888; Lugano Paradiso; Holzbau, Massiv (Beton/Mauerwerk)
Zwischenstation Name; Konstruktion1888; Pazzallo; Massiv (Beton/Mauerwerk), Stahlkonstruktion
Bergstation Name; Konstruktion1888; M. San Salvatore; Massiv (Beton/Mauerwerk), Stahlkonstruktion

Seile

Zugseil Durchmesser33 mm

Antrieb

Antrieb Ortin Mittelstation
Motor Hersteller2001; ABB
Antriebstyp; MotorleistungDrehstrommotor mit Frequenzumrichter; 200 kW
Getriebe Hersteller2001; Hansen
Notantrieb für RäumungHydraulisch mit Verbrennungsmotor

Bremsen

Betriebsbremse2001; Scheibenbremsen
Sicherheitsbremse2001; Scheibenbremsen
Fangbremsen1957; Zangenbremse auf Schiene

Mechanische Einrichtungen

Elektrotechnische Einrichtungen

Steuerung Hersteller2001; Sisag Altdorf
Kopierwerk2001; Digital
Fernüberwachungsanlage Hersteller2001; Sisag Altdorf
SignalübertragungInduktiv über Seil
FahrregimeFernbedient durch Fahrzeugbegleiter
Kommunikations SystemTelefon, Funk, Video

Fahrbetriebsmittel

Anzahl2
Plätze / Fahrzeug60
Automatische Türenja
Wagenaufbau Hersteller2001; Gangloff
Wagen Länge; Breite; Höhe mm; mm; mm
Wagenaufbau TypMetall
Fahrgestell Hersteller1957; Bell Kriens
Fahrgestell Anzahl Achsen2x2
ZugseilbefestigungVergusskopf

Förderleistung

Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit3.5 m/s; 12 Min.
Personenleistung; Jahresbeförderung Total360 Personen/h; 160000 Pers./Jahr
Notwendiges Betriebspersonal2 Pers.

Anhang 2: Apparat

Bundesinventare
-BLNObjekt-Nr.: 1810 San Salvatore
-ISOS (national)Lugano, città
andere Inventare
-ISISObjekt-Nr.: 6900-03-0
Literatur
-Ehrensperger, Erhard: Eine neue Schnellschlussbremse für Stand- und Luftseilbahnen, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, vol. 75 (1957), p. 697-705
-Strub, Emil: Drahtseilbahn auf den Monte S. Salvatore bei Lugano, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, vol. 19/20 (1892), p. 35-39
-Hunziker, Franz: Der Umbau der Seilbahn Lugano-San Salvatore, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, vol. 87/88 (1926), p. 69-73, 88-90
-Poggioli, Dino: Il movimento turistico e l'industria alberghiera di Lugano (tesi di laurea Berna), Bellinzona: 1939
-Standseilbahn Lugano-Monte San Salvatore, in: Bergbahnen der Schweiz, Siebnen SZ: Obersee Verlag, 1959, p. 369-370
-Libotte, Armando: I cento anni della Funicolare San Salvatore, Lugano : Edizione Funicolare Monte San Salvatore, 1990
-Lugano, INSA Inventario Svizzero di Architettura 1850-1920, vol. 6, Zurigo: Orell Füssli, 1991, p. 205-355
e-docs
-http://www.bahn-bus-ch.de/bahnen/ms/foto.html
-http://www.funimag.com/suisse/san-salvatore01.htm
-http://montesansalvatore.ch/de/seilbahn/unternehmen

Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten

Jahre Graphik

Anhang 4: Relationen

HerstellerBellBell
HerstellerBucher & DurrerBucher & Durrer
HerstellerAbtCarl Roman Abt

Anhang 5: Bildauswahl

Talstation Perron Talstation Talstation
Zwischenstation Bergstation Perron Bergstation
Bergstation Strecke in Übersicht Brücke
Brücke Strecke Detail Strecke Detail
Wagen Brücke, Wagen Wagen
Fangbremsen Maschinenraum Kommandopult



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