Ort, Kanton | Fribourg, FR | Koord. Talstation | 578.588/183.644 ; 553 m.ü.M | Koord. Bergstation | 578.490/183.699 ; 611 m.ü.M |
| Einstufung | National | Besuch | 13.08.2009 eb | Inventar | 20.11.2010 pb |
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Betreiberin | Transports publics fribourgeois | Hersteller | Von Roll |
| Baujahr | 1899 | Erstinbetriebsetzung | 1899 | Umbauten | 1998 |
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Situation
Beschreibung der Anlage
Die mit Wasserballast betriebene Standseilbahn verbindet die Unterstadt an der Saane mit der Oberstadt von Freiburg. Nach zahlreichen Diskussionen und verschiedenen Vorarbeiten reichten der Bierbrauer Paul-Alcide Blancpain (1839-1899) sowie die Ingenieure Emil Strub (1858-1909) und E. Lommel 1893 ein Konzessionsgesuch für den Betrieb einer Standseilbahn Neuveville - St-Pierre ein. Bereits im folgenden Jahr wurde die Konzession erteilt, aber mit dem Bau der Bahn konnte erst 1898 begonnen werden. Die von der Firma Von Roll erstellte und 1899 eröffnete Bahn führt in einer geraden Linie durch einen Graben, der parallel zur westlichen Stadtbefestigung verläuft. Die Bauleitung lag in den Händen von Ingenieur Rodolphe de Weck (1861-1927), während das Ingenieurbüro Eugène de Vallière & Fils für das Wasserreservoir zuständig war. Gut die Hälfte der Strecke der einspurigen Standseilbahn mit Abt'scher Weiche und Zahnstange in der Gleismitte führt über die von der Firma Bell & Cie erstellten Eisenbrücken. Die Stationen zeigten sich ursprünglich als Sichtbacksteinbauten unter schwach geneigtem Satteldach und mit Zierelementen in Art des Schweizer Holzstils. Sie wurden nach Plänen von Léon Hertling (1867-1948) errichtet und 1958 unter der Leitung des Architekten Albert Cuony zeittypisch umgebaut und purifiziert.
Die von der Giesserei Von Roll erbauten zweiachsigen Fahrgestelle der beiden Wagen enthalten je einen Wassertank und eine Zahnradbremse. Jeder Wagen ist mit vier unabhängigen Bremsen ausgerüstet: Handbremse, Fussbremse, Fliehkraftregler und Notbremse bei Seilriss. Schäden an der Bremse des einen Wagens 1991 führten zur Revision der beiden Fahrgestelle. Nach dem Bruch einer Achse 1996 musste die Bahn stillgelegt und von der Von Roll AG vollständig revidiert werden. Gleichzeitig besorgte die Firma Gangloff die Restaurierung der je 20 Personen fassenden hölzernen Kabinen; dabei erhielten sie ihre grüne Originalfarbe zurück. 1998 konnte die einmalige Standseilbahn ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Der Antrieb erfolgt so, dass für jede Fahrt der Tank im oberen Fahrzeug mit einer entsprechenden Menge Abwasser gefüllt wird. Mit dieser Last kann der obere Wagen den unteren in die Höhe ziehen. Zur Schonung der Bremsen entscheidet der Fahrzeugbegleiter aufgrund der zu erwartenden Fahrgäste, wieviel Wasser eingefüllt wird. Er kann mit einem elektrischen Wahlschalter in der Bergstation zwischen 1/3 (900 l), 2/3 (1800 l) oder voll (2700 l) wählen. Bei grossem Andrang talwärts wird überhaupt kein Wasser eingefüllt. Unter dem Georges Python-Platz befindet sich ein in Stahlbeton erbautes Reservoir, das die ständige Abwasserzufuhr gewährleistet.
Der Bau der Bahn hatte die bessere Anbindung des einst gewerblich geprägten und von Arbeitern bewohnten Quartiers Neuveville am Ufer der Saane mit der Oberstadt zum Ziel. Das heute zum Netz der Freiburgischen Verkehrsbetriebe gehörende Transportmittel ist immer noch die schnellste Verbindung zwischen Neustadt und Python-Platz. Daneben ist die Standseilbahn eine Touristenattraktion und ein wichtiger Zubringer zum 1923 eröffneten Schwimmbad der Motta.
Gesamtwürdigung
Die Standseilbahn in der Stadt Freiburg ist die letzte original erhaltene Bahn in der Schweiz, die noch nach dem Prinzip des Wasserballasts funktioniert. Sie ist die einzige nicht umgerüstete Anlage einer Reihe von Schweizer Wasserballast-Bahnen, die 1879 mit dem Bau der Giessbachbahn begann.
Bezüglich der Ausführung handelt es sich um eine klassische einspurige Standseilbahn mit Abt'scher Ausweiche und einer Riggenbach-Zahnstange in der Gleismitte. Der Bau der Bahn geht wesentlich auf die Initiative von Paul-Alcide Blancpain, dem Gründer der Brauerei Cardinal, zurück. Die als direkte Verbindung zwischen der ehemals von Arbeitern bewohnten und von Industrie- und Gewerbebauten geprägten Neustadt und der Oberstadt erbaute Bahn besitzt einen hohen historischen, sozialen und kulturellen Stellenwert. Daneben ist sie auch ein wichtiger Bestandteil des Ortsbildes und ein Denkmal der Technikgeschichte. Die nach denkmalpflegerischen Kriterien mustergültig restaurierte Standseilbahn gehört zum nationalen Kulturgut der Schweiz.
Bewertung
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | Verbindung des Arbeiterquartiers in Neuveville mit einem damals neu entstehenden Quartier in der Oberstadt; wegweisende Planung |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | direkte, gerade Verbindung; entlang der alten Stadtbefestigunganlage geführt; rund die Hälfte der Strecke als Brückenkonstruktion realisiert |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | klassische einspurige Standseilbahn im Pendelbetrieb mit Abt'scher Weiche; unter dem Wagenboden, zwischen den Achsen eingebauter Wassertank |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | letzte original erhaltene, nach dem Prinzip des Gegenwichts funktionierende Wasserballast-Standseilbahn der Schweiz (olfaktorisches Erlebnis!) |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | | Brücken; Abwasserreservoir unter dem Georges Python-Platz |
Architektur | | ursprüngliche Ausbildung u. Zierelemente in Art des Schweizer Holzstils; 1958 zeittypisch umgebaut u. purifiziert, im Grundbestand jedoch erhalten |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Massivbauten |
bautypologische Bedeutung | | Empfangsgebäude u. Antriebsgebäude; wesentliche Komponente der Gesamtanlage "Funi" |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | Seilbahn original erhalten; Architektur im Kern auch aus der Erstellungszeit |
Qualität der Nachrüstungen | | Bewahrung der originalen Substanz; Restaurierungen |
funktionale Unversehrtheit | | als Teil des öffentlichen Erschliessungssystems in Betrieb |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | | Paul Blancpain (1839-1899), Initiator; Rodolphe de Weck (1861-1927), Ingenieur; Eugène de Vallière, Ingenieur; Léon Hertling (1867-1948), Architekt, Baudirektor |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | Annäherung der (ursprünglich) gewerblich geprägten Unterstadt u. der damals neu entstehenden Oberstadt; heute auch touristische Attraktion: wichtige Station der Stadtbesuchenden; Bestandteil des städtischen Verkehrsnetzes |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | Überwindung der Höhendifferenz zwischen der Schwemmebene der Sarine und der Oberstadt (analog Marzilibahn in Bern); Bezug zur Stadtmauer |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | einst Badstuben in der Unterstadt, heute öffentliche (Frei-)Badeanstalt der Motta (1923) |
Verkehrsnetze | | Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes |
Anhang 1: Technische Daten
Strecke | | |
Betriebszweck | | Öffentliche Erschliessung |
Streckenlänge (schief) | | 126 m |
Höhendifferenz | | 58 m |
Neigung Maximal; Mittelwert | | 550 o/oo; 537 o/oo |
Spurweite | | 1200 mm |
Standseilbahnprinzip | | 2 Wagen mit Abtscher Weiche |
Unterbau | | Verbund Beton/Stahl, Beton |
Brückentypen | | Stahl-Vollwand |
Anzahl Brücken | | 2 |
Längste Brücke | | 42.75 m |
Hochbauten | | |
Talstation Name; Konstruktion | | 1899; La Neuveville; Massiv (Beton/Mauerwerk) |
Architekt | | Léon Hertling |
Bergstation Name; Konstruktion | | 1899; Les Places; Holzbau, Massiv (Beton/Mauerwerk) |
Architekt | | Léon Hertling |
Seile | | |
Zugseil Durchmesser | | 25 mm |
Antrieb | | |
Antrieb Ort | | in Fahrzeug |
Antriebstyp | | Wasserballast |
Bremsen | | |
Betriebsbremse | | Bandbremsen |
Sicherheitsbremse | | Bandbremsen |
Fangbremsen | | 1899; Zahnstange |
Mechanische Einrichtungen | | |
Elektrotechnische Einrichtungen | | |
Steuerung Hersteller | | 1899; Von Roll |
Kopierwerk | | nicht vorhanden |
Signalübertragung | | Funk |
Fahrregime | | Handsteuerung |
Kommunikations System | | Sonnerie |
Fahrbetriebsmittel | | |
Anzahl | | 2 |
Plätze / Fahrzeug | | 20 |
Nutzlast; Fahrbetriebsmittel Leergewicht | | 1600 kg; 8060 kg |
Automatische Türen | | nein |
Wagenaufbau Hersteller | | 1899; Von Roll |
Wagen Länge; Breite; Höhe | | 5440 mm; 2450 mm; 3587 mm |
Wagenaufbau Typ | | Holz |
Fahrgestell Hersteller | | 1899; Von Roll |
Fahrgestell Anzahl Achsen | | 2 |
Zugseilbefestigung | | Vergusskopf |
Förderleistung | | |
Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit | | 1.2 m/s; 1.5 Min. |
Personenleistung; Jahresbeförderung Total | | 300 Personen/h; 630115 Pers./Jahr |
Notwendiges Betriebspersonal | | 3 Pers. |
Anhang 2: Apparat
Bundesinventare |
- | ISOS (national) | Freiburg/Fribourg, Stadt/ville |
- | KGS 2009 | Objekt-Nr.: 10131 Funiculaire Neuveville-Saint-Pierre, Kat. A |
Literatur |
- | SIA XXXIXe Assemblée générale. Fribourg 1901. Album de Fête, Fribourg 1901 |
- | Fribourg, INSA Inventaire Suisse d'Architecture 1850-1920, vol. 4, Zürich: Orell Füssli, 1982, p. 165-247 |
- | Fankhauser, U.: Die Standseilbahn Fribourg/Neuveville–St-Pierre, in: Eisenbahn-Amateur, 2000/8, p. 488 |
- | Transports publiques fribourgeois TPF: Die Freiburger Standseilbahn 1899-1999/Le funiculaire de Fribourg, Fribourg 2000 |
- | Schweizer Heimatschutz (Hg.): Die schönsten Verkehrsmittel der Schweiz, Zürich, 2007, p. 20 |
- | 50 Jahre Internationale Seilbahnrundschau, Jubiläumsausgabe, Wien: Bohmann Druck und Verlag Gesellschaft m. b. H. & Co. KG, 2007, p. 10 |
e-docs |
- | http://www.seilbahn-nostalgie.ch/fribourg.html |
- | http://www.funimag.com/suisse/fribur01.htm |
Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten
Anhang 4: Relationen
Hersteller | Von Roll | | Von Roll Eisenwerke (Seilbahntechnik) | | |
Anhang 5: Bildauswahl